06.05.2020 / Agenda Neubau

Was du schon immer über Zigarettenfilter wissen solltest

Zum Start der Anti-Littering-Kampagne: Informatives zu einem kleinen Stückchen Müll mit großen Folgen

Beinahe jedes Kind weiß heutzutage, dass Rauchen gesundheitsschädlich ist. Raucher*innen werden mit eindringlichen Worten und Bildern auf jeder Zigarettenpackung darauf hingewiesen. Dass die kleinen wattigen Filter, die nach jedem Zigarettenkonsum übrig bleiben, auch ein erhebliches Umweltproblem darstellen, ist hingegen deutlich weniger bekannt.


In Österreich fallen pro Jahr etwa 15 Milliarden Zigarettenstummel an. Ein gigantischer Müllberg, der sich regelmäßig auch auf die Natur und den öffentlichen Raum verteilt. Zigarettenstummel zählen zu den am häufigsten in der Umwelt hinterlassenen Gegenständen überhaupt. Dort „entsorgt“ dauert es dann bis zu 15 Jahre ehe das robuste Filtermaterial Celluloseacetat vollständig verrottet ist. Allein in Wien landen pro Jahr rund 868 Millionen Zigarettenstummel auf dem Boden.


Was fast selbstverständlich zum Anblick unserer Umgebung gehört, ist aber weit mehr als ein optisches Problem. Bis zu 4.000 verschiedene Chemikalien, von denen mindestens 150 als hochgiftig gelten, sind in einem einzigen Zigarettenstummel konzentriert. Darunter sind Substanzen wie Nikotin, Teer und Arsen sowie Schwermetalle wie Blei, Kupfer, Chrom und Cadmium. Sie machen die kleinen Zigarettenreste zu Sondermüll, der keineswegs harmlos ist. Fische, Vögel und Hunde verwechseln Filter mit Futter und vergiften sich daran. Auch Kleinkinder kommen im öffentlichen Raum immer wieder mit Zigarettenstummeln in Kontakt - bereits ein verschluckter Zigarettenfilter führt zu Vergiftungssymptomen wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall.


Und immer wenn es regnet, sickern die Giftstoffe aus dem Filter mit dem Regenwasser in den Boden, gelangen in Gewässer oder in die Kanalisation. Im Boden beeinflussen sie das Pflanzenwachstum negativ. Im Wasser sind sie für Lebewesen tödlich: Im Labortest tötete ein Zigarettenstummel in einem Liter Wasser innerhalb von 4 Tagen die Hälfte aller darin schwimmenden Fische. Während Kläranlagen einen Großteil des Nikotins aus dem Abwasser herausfiltern können, versickern die Giftstoffe andernorts völlig unbehandelt ins Erdreich bzw. Grundwasser. Ein einziger Zigarettenstummel vergiftet laut Expert*innen rund 40 Liter Grundwasser.

Zusammengefasst: Eine Zigarette ist in fünf Minuten geraucht, aber sie belastet die Umwelt noch jahrelang.

Vielen Raucher*innen ist das gar nicht bewusst. Die Agendagruppe „Draußen in Neubau“ möchte mit ihrer Anti-Littering-Kampagne deshalb auf die Problematik von achtlos weggeworfenen Zigarettenstummeln aufmerksam machen. Besonders in den Pflanzbeeten und Baumscheiben befinden sich regelmäßig große Mengen Tschickstummel. Das ist insofern problematisch, als sie dort Lebensräume für Bäume, Pflanzen und Bodenlebewesen vergiften, u.a. weil ihre Entfernung im Grünstreifen sehr aufwendig ist. Dabei sind Stadtbäume ohnehin zahlreichen weiteren Belastungen ausgesetzt, die ihnen das Wachstum und Leben erschweren (vlg. Artikel der Agenda Neubau zu Stadtbäumen/Klimawandel).

Es liegt der Schluss nahe, dass unsere Gesellschaft zu wenig über die oben beschriebene Problematik informiert ist. Die sachgerechte Entsorgung von Zigarettenstummeln in den von der MA48 vorgesehenen Aschenrohren wäre in Anbetracht der Umweltschäden eine einfache und nicht einmal aufwendige Maßnahme, mit der wir die Lebensbedingungen von Neubaus Bäumen und Pflanzen verbessern könnten. Und natürlich gewinnt der öffentliche Raum auch für uns Menschen an Attraktivität, wenn er von giftigem Müll befreit ist. Werden die Filter sachgemäß entsorgt, sind sie zwar nicht aus der Welt, immerhin können sie dann aber nicht mehr so leicht ins Erdreich und Abwasser gelangen.

Unterstützung kommt nun auch von der Europäischen Union. Laut der neuen EU-Plastik-Richtlinie müssen sich Produzent*innen von Zigarettenfiltern künftig an den Kosten der Reinigung beteiligen, wenn die Umwelt von ihren Produkten gesäubert werden soll. Der Einwegcharakter und die umweltschädliche Wirkung von Zigarettenfiltern mit Kunststoffanteilen müssen außerdem gekennzeichnet werden. 

 

Was kannst Du tun?

  • Hör auf zu rauchen. Wenn nicht: Zigarettenstummel gehören in den Restmüll, nirgendwohin sonst. Dann können sie verbrannt werden.
  • Entsorge Deine Zigarettenstummel richtig! In Wien sind Aschenrohre an den öffentlichen Mistkübeln befestigt, dort können Zigarettenstummel ordnungsgemäß entsorgt werden.
  • Wenn Du unterwegs bist, dann nimm‘ am besten eine kleine verschließbare Dose mit, in der du die Stummel bis zum nächsten Abfallbehälter transportieren kannst.
  • Deine Freunde rauchen? Und werfen ihre Tschickstummel auf die Straße oder in die Grünräume? Geht gar nicht. Sag etwas.

 

Quellen:

https://www.global2000.at/zigarettenstummel

https://www.derstandard.at/story/2000101118247/weggeworfene-zigarettenstummel-sind-giftcocktail-fuer-die-natur

https://www.spektrum.de/news/rauchen-traegt-massiv-zum-klimawandel-bei-und-vergiftet-mensch-und-tier/1688004

https://naturschutzbund.at/umweltthemen/articles/kleine-ursache-grosse-wirkung-zigarettenstummel-in-der-umwelt.html

https://blog.wwf.de/rauchen-umwelt-zigarettenkippen/

https://www.wien.gv.at/umwelt/ma48/sauberestadt/strassenreinigung/zigarettenstummel.html

https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20181018IPR16524/wegwerfprodukte-aus-plastik-parlament-stimmt-fur-verbot-ab-2021

 

Fotos: unsplash/Gary Chan, Agenda Neubau